14. August bis 5. September 1987
Terry Peters___
Waldstätterstrasse 31, Galerie Pro(s)art
riposition, Kohle auf Papier, 1986, 111,5x77cm
Seit kurzem lebt die amerikanische Künstlerin Terry Peters in Zürich. Begegnung und Austausch, das Überschreiten von Grenzen sind der Künstlerin seit jeher wichtig gewesen. Davon sprechen auch immer wieder ihre Werke. Mensch und Künstlerin lassen sich bei Terry Peters nicht trennen. Nachhaltend etwa hat sich der naturwissenschaftliche Geist von Elternhaus und Ausbildung – die Künstlerin arbeitete nach ersten Studien fünf Jahre als wissenschaftliche Laborantin eines Geologie-Institutes am Mikroskop – auf ihre Kunst ausgewirkt. Wissenschaftliche Gesetzmässigkeit, basierend auf präziser Beobachtung und Beschreibung, hat sie angezogen, in der Gewissheit um die Unverrückbarkeit naturwissenschaftlicher Antworten ist sie grossgewachsen, hat darin selbstverständlichen Halt und Ruhe gefunden.
Es erstaunt daher nicht, dass der erste Zugang zu den Künsten über die Architektur(-zeichnung) erfolgte. Ihr wendete sie sich in Studien vorerst zu. Die Faszination für Gebautes zeigt sich augenscheinlich in Terry Peters Werken. Dem Element des Gesetzmässigen begegnet dort indes jenes des Lichtes. Die Konfrontation von greifbar Festem und diffus Abstraktem, das Walten zweier entgegengesetzten Elementen gehört zum Grundtenor ihres Schaffens. Als sie sich nämlich mit 26 Jahren schliesslich ans Malen gewagt hatte, erkannte sie in sich neue, ihrem naturwissenschaftlichen Denken widersprechende Kräfte, die sie mehr und mehr auch für Spirituelles öffneten. Es ist denn auch mehr als rein Atmosphärisches, was sich in ihren Aquarellen und Zeichnungen auf amerikanische Grossstadtfassaden legt. Licht als spirituelle Kraft bemächtigt sich steinerner Festungen, fällt in Fenster, ist erfüllendes Element zwischen Innen und Aussen.
Terry Peters Werke konfrontieren, lassen ihren Betrachter entweder in unbarmherziger Stille oder aber in ohrenbetäubendem Lärm vor ihren Fassaden stehen. Letzteres gilt für die grossformatigen Gebäude-“Collagen”, die in ihrer Fülle und perspektivischen Ungereimtheit verwirren und überwältigen, Gefühle von Verlorenheit wirksam auf den Betrachter übertragen. Ins Einerlei der Mauerraster greift das Licht als gestaltende, zuweilen fast zerstörerische Gewalt, legt plastisch frei, löst Konturen auf, lässt alte Ordnungen vergessen. So sehr diese Gebäude-Motive an die amerikanische Herkunft der Künstlerin erinnern, so sehr stehen sie auch als Metapher für Allgemeines, für menschliches Gefangen- und Verlorensein, für den Wunsch nach Ankunft und Befreiung zugleich. Einzelne dieser Werke lassen darin unvermittelt an Kafkas Labyrinthe denken. Terry Peters Behausungen wirken unbelebt und bergen doch Leben. Licht und Schatten legen sich über alle Stockwerke, verbinden Menschen in ihrem Mensch-Sein.
Obwohl mit dem Fassaden-Zyklus genaueste Beobachtung und realistische Nachempfindung einhergehen, weisen diese Bilder doch weit über blosse Naturwiedergabe hinaus, stehen in der Tradition des magischen Realismus, der mit Hopper, Murch und Sheeler gerade in Amerika Bedeutendes hervorgebracht hat. Vorerst hatte sich das Interesse der Künstlerin auf die Begegnung von natürlichem Licht und menschlichem Bauen konzentriert. Im Sinne einer Verdichtung der Werkaussage wendet sie sich nun auch dem Licht selbst zu. In einer Übergangsphase geschah dies vorerst in einem Zyklus von Schattenbildern, die durch ihre intensive Lichtwirkung beeindrucken. Hier auch ist ein erster überzeugender Schritt vom primär monochromen Schaffen zu einer kleinen, aber äusserst differenzierten Farbpalette gelungen. Im Erfassen feinster Nuancen zeigt sich das Mikroskop geschulte Auge der Künstlerin.
Die jüngsten Bilder von Terry Peters wenden sich nun ganz vom Figurativen ab, mögen in ihrer abstrakten Gestaltung dem Ungegenständlichen des Lichtes noch gerechter werden. Beibehalten ist indes die räumliche Qualität der Werke, die den Betrachter nach Richtungen, Wegen und Auswegen suchen lässt. Auch hier, in der abstrakten Darstellung spirituellen Gedankengutes, bleibt Terry Peters – bewusst oder unbewusst – amerikanischen Hauptströmungen verbunden.
Christoph Vögele