Gerhard Frauke

Juli 1988
Frauke Gerhard / Barbara Lehmann___

Peristaltik

Galerie Pro(s)art, Waldstätterstrasse 31


Ausstellungsansicht

Peristaltik
Frauke Gerhard und Barbara Lehmann befassen sich in ihren Arbeiten bewusst mit spezifisch weiblichen Erfahrungen, die untrennbar mit körperlichen Vorgängen verbunden sind – darum der Titel der Ausstellung Peristaltik.

Es geht also in erster Linie um eine ganz bestimmte Art von Bewegung, die fühlbar gemacht werden soll, und zwar nicht mit kinetischen Objekten, sondern mit statischen. Im ersten Ausstellungsraum hängt ein rotes, mit Pigmenten und Acryl gefärbtes Bettlaken – eine Arbeit von Frauke Gerhard. Eingefügt sind imitierte Nähte mit wellenartig verlaufenden Stichen. Ganz links wird ein Wachtelei von einem Garngitter gehalten. Für Frauke Gerhard ist dieses Tuch der Ort, wo sich ein grosser Teil des Lebens abspielt. Da wird geschlafen, krank gelegen, geliebt. Sie selber ist Mutter eines Sohnes und hat den Prozess von Zeugung und Geburt darin verarbeitet.
Im nächsten Raum wird man von einem aus neun schwarzen, hängenden Nesseltüchern gebildeten halbrunden Durchgang von Türe zu Türe geführt. Man geht durch einen Innenraum – Barbara Lehmann betitelt ihre Arbeit “Durch alle Schwärzen” -, der zwischen jedem Tuch den Blick nach rechts und links freigibt, entweder auf die Fenster oder in den Eingangsraum der Galerie.
Am Ende des Durchgangs sehen wir in die beiden anschliessenden Räume hinein. Fünf genähte Tüten von Frauke Gerhard – aussen weiss und innen rot – lehnen aneinander vor schwarzen Bildern von Barbara Lehmann. Dahinter steht auf einem Sockel eine an verletzte Haut gemahnende Tafel wiederum vor einem schwarzen Bild. In diesem Raum sind an die Wand an Brüste und an einen schwangeren Bauch erinnernde Hohlformen montiert. Eine Aquarellzeichnung in einer Ecke am Boden zeigt einen eine Pflanze umfangenden Menschen. Auf dem Fenstersims liegen drei Tomaten. Dieser Raum ist mit viel Symbolik aufgeladen, doch sind alle Zeichen so körperhaft, dass die Symbolik zugunsten beinahe attakierender Körperempfindung zurücktritt. Beim letzten Raum angekommen, ist tatsächlich das Gefühl entstanden, gezogen, gestossen, getrieben worden zu sein, Peristaltik am eigenen Leib erlebt zu haben. Enge, Dunkelheit und Befreiung in die Helle sind nachvollziehbar geworden. Sie stehen auch für die gesellschaftliche Situation der Frau, der Künstlerin. Es ist Frauke Gerhard und Barbara Lehmann gelungen, das erfahrbar zu machen.
Maria Vogel