Herzog Dunja

7. Juni bis 6. Juli 2013
Herzog Dunja
Garten-Kunst-Architektur

Gemeinsames Ausstellungsprojekt von sic! und o.T.

Urban Agriculture, Urban Farming – seit einigen Jahren sind diese Begriffe in aller Munde und haben gar als Fremdwörter Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Gemeint ist das Anpflanzen von Lebensmitteln im urbanen Raum, aber auch das Anlegen von Pflanzgärten in innerstädtischen Brachen. Der in der urbanen Gesellschaft von heute verankerte Ansatz unterscheidet sich grundsätzlich von traditionellen Schrebergarten-Siedlungen, wie sie hierzulande in grösseren Ortschaften anzutreffen sind und wo der Traum des eigenen Hauses mit Umschwung gleichsam im Miniaturformat gelebt wird.
Der Kunstpavillon, der seit 2011 gemeinsam vom sic! Raum für Kunst und vom o.T. Raum für aktuelle Kunst betrieben wird, befindet sich inmitten der Stadt Luzern, nur fünf Gehminuten vom verkehrsgeplagten Pilatusplatz entfernt. Den Pavillon umgeben neben Mehr- und Einfamilienhäusern ein abgeschirmter, beinahe verwunschener, naturbelassener Garten hinter dem Gebäude sowie davor eine von einer Schule erweiterte Pausenplatz-Anlage, eine wenig bewirtschaftete Wiesenfläche sowie ein Schrebergarten, d.h. Garten in unterschiedlichsten kulturellen Ausformulierungen auf kleinstem Raum konzentriert.
Etymologisch leitet sich der Begriff Garten von “Gerte” ab. Gemeint sind Ruten, die zu einem Gehege verflochten ein Feld umfrieden. Das Wort “gerd” oder “gard” bezeichnet “das (mit Gerten) umzäunte Gelände”. Ein Garten stellt also einen abgeschirmten Ort dar, einen Hortus Conclusus (Paradiesgärtchen), wie er auch in der Kunst der Altmeister auftaucht. Die Ausstellung “Garten-Kunst-Architektur” zeichnet nun keinesfalls das Motiv des Gartens in der Kunst nach, sondern versucht anhand verschiedener künstlerischer Interventionen das Thema Garten aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, und zwar sowohl als konkrete Eingriffe in den das Gebäude umgebenden Aussenraum wie auch als künstlerische Reflexion über das Draussen drinnen im Kunstpavillon.


Dunja Herzog (*1976, lebt und arbeitet in Berlin) hat sich den hinteren Teil des Gartens zu eigen gemacht und ihre skulpturalen Setzungen heben einige wesentliche Eigenschaften seiner Architektur hervor. Der Begriff Architektur kännte als falsche Bezeichnung für einen Garten, der eher an einen Park erinnert, verstanden werden. Die in einem Halbrund gepflanzten und teilweise wild wachsenden Bäume und Sträucher wirken wie ein Dach, welches in sattem Grün die Sicht von der Strasse und den Häusern auf die Rasenfläche versperren. Sattes Grün umgibt einen wenn man auf dem Rasenstück steht und sitzt, geht man umher wird man umfangen. Der ideale Ort um sich auszuruhen, ein kleines Stück Glück inmitten des Alltags. Freizeit, Zeit für Musse, sich treiben lassen und vielleicht jemandem hingeben?
Schon seit längerer Zeit interessiert sich die Künstlerin für Alltagsgegenstände und deren Erweckung: Zwei Liegestühle, deren Polster abgestreift wurden, stehen verschränkt – wie in zärtlicher Umarmung – im hinteren Teil des Gartens. Schützend davor platzierte Dunja Herzog zwei abstrakte Konstruktionen aus Bambus, die an einen Paravent erinnern. Obschon sich die Liegestühle in ähnlichen Grüntönen gehalten, körperhaft in die Umgebung einfügen, ist die Struktur und Materialität von weitem sichtbar.
Die beiden Elemente aus Bambus unterteilen den Garten linear in drei Teile, die abhängig von der Distanz der BetrachterIn, und als Zeichnung im Aussenraum wirken. Die Gartenstühle wecken Erinnerungen: Wie man sich des äfteren die Finger einklemmte, das Geräusch, wenn man sich zu jemandem auf denselben Liegestuhl setzt, die Angst, das zarte Metallgestell könne unmöglich das Gewicht von einer oder gar zwei Personen tragen.
Durch die Reduktion auf das Matall-Gerippe, die Technik des Stuhls, wird die Skulptur als solche präzise umgesetzt. Nur mit einer minimalen Anzahl an Eingriffen in Material, Struktur und Farbe ermöglicht die Künstlerin eine Narration, die ohne die Spezifität des Ortes undenkbar ist. Mit dem Titel “We would prefer not to.” fügt sich ein literarisches Vorwort zur Geschichte hinzu: Ist der Garten englisch und müssen sich die darin Vergnügenden erst eine Erlaubnis erbitten?


www.dunjaherzog.org