Dillier Monika

7. März bis 22. Mai 2020

Dillier___Selmas Atempendel ist Matildas Garten

Bereits ein flüchtiger Blick in die Ausstellung im o. T. lässt erahnen, dass Monika Dillier eine breite Medienvielfalt – Malerei, Zeichnung, Video, Collage, Fotografie, Glasobjekte – in ihrem künstlerischen Schaffen einsetzt und ausserdem in Wandinstallationen zusammenführt. SELMAS ATEMPENDEL IST MATILDAS GARTEN lautet der Titel ihrer Präsentation. Poetisch, beinahe surrealistisch mutet er an und auch nach mehrmaligem Lesen erschliesst sich kein eindeutiger Sinn. Soviel sei gesagt, Monika Dilliers Titel kristallisieren sich während dem Entstehungsprozess von Werken sowie Ausstellungen heraus und können ebenfalls zur Zeichnung werden. Sie beziehen sich somit auf bestimmte Dinge, Begebenheiten, oder Geschehnisse und sind keine losgelösten, abstrakten Gebilde. Vielleicht werden schon beim Betrachten der Auftaktarbeiten zu ihrem Raum – ein fotografisches Abbild einer goldenen mit exotischen Früchten gefüllten Schale und ein kurzes Video –erste Assoziationen geweckt?

Der Beginn von Monika Dilliers künstlerischer Karriere war geprägt von der Bewegung der Neuen Wilden, die Anfang der 1980er-Jahre zu einer figurativen Malerei zurückkehrt und mit ihren subjektiven Bildinhalten in heftigen Pinselstrichen und kräftiger Farbigkeit eine Gegenreaktion auf die damals vorherrschenden Werke minimalistischen, oder konzeptuellen Ursprungs bildete. Bis heute bleibt das individuelle Empfinden Monika Dilliers künstlerischer Antrieb. Die Gewissheit, dass der als beinahe ohnmächtig empfundene Widerspruch in der Welt – eine Gleichzeitigkeit von Freude, Faszination einerseits, Entsetzen, Grausamkeit andererseits – nicht aufzulösen ist, lässt die Künstlerin diesen immer wieder von Neuem formulieren.

Wie organisch gewachsen muten die wandfüllenden Installationen an, die Monika Dillier spezifisch für den Ort aus Œuvres aus unterschiedlichen Schaffensperioden geschaffen hat. An der südlichen Stirnwand sticht besonders das Bild aus ausgeschnittenen, übereinander geklebten gelben und roten Formen auf blauem Grund ins Auge. Dazu gesellen sich feine und in kräftigen Farben gehaltene Aquarelle. Waagrecht über die Papiere spannt sich ein grünes Netz, das die einzelnen Arbeiten zu einer einzigen zu vereinen scheint. Zu dieser konzentrierten Ansammlung an Werken kombiniert die Künstlerin Stofftücher und weitere einzelne Blätter. Ähnlich ist die gegenüberliegende nördliche Wand orchestriert. Auf einem unregelmässigen Block aus aneinandergeklebten A3-Papieren, der direkt mit Nadeln an der Wand befestigt ist, zieht sich prominent ein Baumstamm über die gesamte Bildbreite. Weiter bilden sich neben-, oder übereinander amorphe Elemente, menschliche Figuren, an Höhenkurven erinnernde Linien, gottähnliche Gestalt und Landschaftsfragmente in Aquarell, oder Bleistift ab. Linkerhand setzt sich die Zeichnung im Gewirr einer schwarzen Schnur fort. Auf der restlichen Wandfläche sind kleinere Bilder und aquarellierte Scherenschnitte locker verteilt.

Etwas von der Südwand in den Raum versetzt, platziert die Künstlerin eine Gruppe von farbigen, mundgeblasenen Glasobjekten. Die Faszination für das fragile Material wird bei der Realisierung des Kunst-am-Bau-Projekts Gläsernes Blühen (2010) im Pflegezentrum Mattenhof in Zürich geweckt und seither regelmässig in ihrer künstlerischen Tätigkeit eingesetzt. Trotz unterschiedlicher Stofflichkeit der einzelnen Werke wird in diesem Nebeneinander eine Verwandtschaft erkennbar, als überführe Monika Dillier ihr Themenrepertoire von der Zweidimensionalität der Aquarelle in die dreidimensionalen Glasarbeiten.

Vor unseren Augen breitet sich eine enorme Fülle an Inhalten, unterschiedlichsten Materialien, Farben und Formen aus. Dieses Angebot an sinnlichen Reizen führt uns zurück zu Monika Dilliers Ambivalenz gegenüber der Welt. Es scheint, als fordere uns die Künstlerin auf, es ihr gleich zu tun und unseren Blick weit zu öffnen. Nicht die Fantasie, sondern Gewöhnliches wie beispielsweise der Baumstamm, oder Unverstandenes bilden Ausgangspunkt für ihre Praxis. Zeichnen im weitesten Sinne bedeutet für die Künstlerin das Mittel, um Eindrücke zu verarbeiten und zu transformieren. Durch die Verlangsamung des zeichnerischen Prozesses, wie Monika Dillier selbst umschreibt «den eigenen Gehirnwindungen nachzufahren», gelingt es ihr zu begreifen und den Dingen auf die Spur zu kommen. Ein intuitiver Vorgang, der sich beim Betrachten der einzelnen Werke und Installationen nachempfinden und erfahren lässt.

Karoliina Elmer


 

23. September bis 15. Oktober 2006
Dillier Monika___Meine Chinesin

Iris Beatrice Baumann, Monika Dillier, Martina Gmür, Fränzi Madörin, Muda Mathis, Barbara Naegelin, Chris Regn, Andrea Saemann, Maria Magdalena Z’Graggen, Sus Zwick

Seit 1998 beschäftigt sich eine lose Gruppe von Künstlerinnen, Vermittlerinnen und Theoretikerinnen mit künstlerischen Strategien. Dabei sind reflexive und kunstkritische Fragen genauso von Bedeutung wie gemeinsame Projekte. Die Welt – insbesondere die gemeinsame – muss täglich neu erfunden werden, ganz im Sinne von relax (Chiarenza/Hauser&Co): „Allein denken ist kriminell. Bildet Banden.“ Vieles ist in der bald 10-jährigen Zusammenarbeit entstanden, einiges davon auch für die Öffentlichkeit sichtbar:
1998 führte dies zur Drucklegung vom „1. Manifest für grosse und angesehene Künstlerinnen“, 1999 zur Realisation des „internationalen Kongresses für künstlerische Strategien“, 2004 zur Aufnahme der „Tischgespräche“, lose, monatliche Fachgespräche unter Kunstschaffenden, welche mitunter zu künstlerischen Eingriffen, Initiativen und performativen Ereignissen führten wie „Songs“, Basel, „Meisterwerke“, Hamburg oder „Hausgeschichten“, Basel.


Im o.T. Raum für aktuelle Kunst in Luzern präsentiert sich die Gruppe einer interessierten Öffentlichkeit das erste Mal in einer gemeinsamen Ausstellung.

Die Mitglieder der Gruppe nutzen die Einladung, um im Ausstellungsraum ihre eigenen Arbeiten zu präsentieren. Gleichzeitig planen sie aber, ihre unterschiedlichen Positionen in der Ausstellung mittels einer multimedialen Show miteinander in Verbindung zu bringen und Zusammenhänge untereinander sichtbar werden zu lassen. Dabei suchen die Künstlerinnen nicht das Spektakel, sondern eine subtile Darstellung von Abläufen, heimlichen Verwandtschaften, überraschenden Konfrontationen. Die Ausstellung ist angelegt als empirisches Nachdenken über das Format der Gruppenausstellung, als experimentelle und unterhaltende Suche nach dem Ort des Einzelnen im Zusammenhang.