22. Oktober bis 12. November 1988
Valentin Ph. Hauri
Galerie Pro(s)art, Waldstätterstrasse 31
One Night With You, 1988, Oel auf Leinwannd, 135x150cm
Ein Jahr arbeitete Valentin Ph. Hauri intensiv am Schweizer Institut in Rom, ein Jahr, das tiefe Spuren in seinem Werk hinterlassen hat. Im Winter zerstörte der Künstler einen grossen Teil der bereits vollendeten Arbeiten. Dabei handelte es sich um die für ihn typischen pastosen Malereien, mit denen Valentin Ph. Hauri in der Schweiz schon mehrmals und mit einigem Erfolg an die Öffentlichkeit getreten war. In diesen älteren Arbeiten “schichtete” der Künstler die Farben gleichsam auf der Leinwand übereinander. Das Zuspachteln bzw. das Wiederaufdecken von Farblagen wird reliefartig präsent. Die dicke Farbhaut vom Pinsel teils fein gestreichelt, teils gewaltsam verletzt veranschaulicht den langwierigen Prozess der Bildfindung. Malen gleicht in diesen älteren Arbeiten einer archäologischen Suche, indem durch Farbschichten hindurch verborgene Spuren freigelegt, Bilder der Leinwand entrissen werden und daselbst wieder auferstehen.
In Rom, in der ewigen Stadt, wo Archäologie gleichsam allgegenwärtig ist, schien solches Suchen überflüssig. Der pastose Malstil wich einem “flüssigeren” Farbauftrag. Valentin Ph. Hauris Bilder gewinnen dadurch an Spontaneität und Unmittelbarkeit. Folge dieses direkten Zugriffs ist eine ungewohnte Grosszügigkeit der Geste in Valentin Ph. Hauris neuesten Arbeiten. Wenn wie im grossformatigen Bild “One Night With You” zwei körperhafte Gebilde mit einer klar ausgegrenzten, dunkel gehaltenen Fläche kontrastieren, erzeugt diese an sich einfache, bildnerische Konstellation ein komplexes Gefüge von Fläche und Räumlichkeit. Dessen Komplexität wird noch gesteigert durch die beiden Formen, die eine blockhaft, die andere bewegt ausholend, die an skulpturale Objekte oder an Architekturfragmente erinnern, gleichzeitig jedoch jegliche plastische Präsenz vermissen lassen. Raumillusion wird negiert, Form durch Farbe und Duktus aufgelöst. Das Bildgefüge, dessen Ausgangspunkt vielleicht ein Alltagsgegenstand war, wird so konstant relativiert. Valentin Ph. Hauri verwickelt den Betrachter in ein Spiel des Evozierens und gleichzeitigen Entziehens gegenständlicher Bildassoziationen. Diese Strategie lädt den Betrachter zum Entdecken des Sehens und dessen beständiges Überprüfen ein, jenseits von lesbaren Bildinhalten. In diesem Seh-Erlebnis liegt denn auch die ganz eigene Poesie von Valentin Ph. Hauris Arbeiten, die einer versteckten Emotionalität entspringt.
“The heart is all that matters in the end” (Valentin Ph. Hauri)
Konrad Bitterli