2. Dezember 2017 bis 13. Januar 2018
Tina Z’Rotz und Markus Schwander____Feedback
Nicht etwa einstimmig, aber spürbar im Einklang spielen sich die Künstler Tina Z’Rotz und Markus Schwander im Gespräch die Sätze zu. Im Ping-Pong entstehen auch die Kunstwerke, die sie in Gemeinschaftsprojekten zum Leben erwecken. Ihre Zusammenarbeit sehen sie als Kontrast zum je eigenen Schaffen, als Herausforderung, aber auch Bereicherung. Gerade bei Kunst im öffentlichen Raum vermöge die Natur oft gigantische Dimensionen anzunehmen. Da sei man froh, wenn man diese Räume gemeinsam bewältigen könne, so Tina Z’Rotz.
Für ihre Arbeit Feedback (2017) hatten die Künstler auf die Bedingungen des fensterreichen, von Licht und Garten durchdrungenen Pavillons zu reagieren. Um das Raumgefühl zu dämpfen, bestrichen sie die Fensterscheiben mit Kefir und tauchten sie so in einen trüben Milchschleier. Die oberste Fensterreihe verhängten sie mit schwarzen Tüchern, wie man sie aus dem Theater- oder Konzertraum kennt. Die Natur erst einmal ausgesperrt, erschufen sie im Innenraum einen Wald der besonderen Art: Bunt-skurrile Mikrofone besiedeln den Boden – scheinbar kauernd und sich räkelnd richten sie ihre Aufnahmekörbe in alle Himmelsrichtungen. Diese werden von Korkzapfen, Knoblauchzehen, zusammengezurrten Schwämmen, Holzknebeln und Plastikbällen gemimt. Objekte wie Staubsaugerrohre oder Astgabeln bilden die gelenkigen Ständerelemente.
Doch wie gedeiht eine dergestalt surreale Werkidee? Wenig überraschend klingt da Schwanders Antwort: «Ich hatte einen Traum. Darin sollte ich in einem Wald voller hölzerner Mikrofone sprechen. Ich erzählte Tina davon und sie fand die Idee gut.» Von der Muse geküsst, machten sich die Künstlerin und der Künstler ans Zusammenzimmern der originellen Mikrofone. Der experimentelle Umgang mit den poppigen und trashigen Alltagsgenständen wiederspiegelt das bildhauerische Interesse der beiden für Farben, Formen und Oberflächen. Mit vergnüglicher Freude missachten sie die klassischen Gesetze der Skulptur und wagen «verbotene Materialkombinationen», wenn sie etwa die Oberfläche des Styropors mit der ätzenden Farbe aus der Spraydose zur Zersetzung bringen.
Die Anordnung der Objekte in kleine, fast familiär anmutende Gruppen suggeriert, dass sich die Mischwesen miteinander im Gespräch befinden. Doch wer gibt hier wem «Feedback»? Wer nimmt hier was auf? Im Raum herrscht Stille. Da ist kein fieses Pfeifen der Rückkopplung, wie wir es kennen, wenn sich Empfang- und Aufnahmegerät zu nahe kommen. Na klar – wie sollte denn auch ein Knoblauch- oder Schruppschwamm-Mikrofon zu einem Geräusch, geschweige denn zu einer Tonaufnahme fähig sein? Dennoch lässt uns das Gefühl nicht los, dass unser Ausstellungsbesuch mitgeschnitten wird. So finden wir uns umringt von schummrig glimmenden Spotlichtern. In schwarze Papiertrichter gehüllt, erscheinen sie wie Käuze in Kapuzen, die aus der dunklen Theatertribüne auf uns hinunterblicken. Tina Z’Rotz nennt sie «Protagonisten» oder mehr noch: «Wahrheitsträger». Ich blicke hoch zu dem mit Nägeln beschlagenen Mikrofon, das mich an ein bärtiges Wesen erinnert und frage mich, wie die Welt wohl aus den Augen der Kunstwerke aussehen mag. So sind es vor allem die Exponate, welche die Bewegungen und Kommentare der Ausstellungsbesucher gänzlich ungefiltert mitbekommen. Sie selbst jedoch bleiben stumm, unfähig ihre Beobachtungen an die Künstler, ihre Erschaffer, weiterzugeben. Das Feedback bleibt oft aus.
Ich verlasse die surreale Bühne, draussen schliesst die Vorstellung mit einem «Gartenstück»: Von der Kälte sperrig geworden, winden sich bunte Gartenschläuche in Gestalt eines Regenbogentors über den Kiesweg. «Im Garten der Nachbarin wachsen Regenbogen» (2013) entstand anlässlich des 100. Geburtstags von Meret Oppenheim. Die Installation referiert auf ein Gedicht der Künstlerin. Darin geht es um einen Regenbogen, der in der «Strasse lagert». Der Regenbogen von Schwander und Z’Rotz bewegt sich hingegen dem Himmel zu, gestützt von hölzernen Pfeilern in der Gestalt von hochgestreckten Armen. Und so komme ich zurück in den Alltag, in eine Welt, in der von Zeit zu Zeit einer einen Wald aus Mikrofonen träumt…
Julia Schallberger